Niko Alm im Fazitgespräch
Niko Alm ist vor allem durch das Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien und die Durchsetzung eines Nudelsiebes als Kopfbedeckung auf dem Führerscheinfoto bekannt. Inzwischen ist der 38-jährige Unternehmer mit den Neos und ohne Sieb in den Nationalrat eingezogen. Wir sprachen mit Alm darüber, welche Chancen die kleine Opposition mit großen Zielen überhaupt haben kann.
Fotos von Jacqueline Godany
wie immer geführt für Fazit
Herr Alm, hat die Ernüchterung nach dem groß gefeierten Einzug der Neos in den Nationalrat schon eingesetzt?
Nein, noch nicht. Das heißt aber nicht, dass wir von Illusionen geblendet sind. Wir haben genug Realismus mitgebracht, was die Durchsetzbarkeit unserer Ideen angeht, und wir wissen, dass es schwer werden wird. So wie der Parlamentarismus abläuft, ist uns schon klar, dass wir auf formalen Wegen kaum eine Chance haben, mit unseren Ideen durchzukommen. Aber es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie man im Parlament und außerhalb arbeiten kann. Wir sind ja kein Projekt, das nur bis zum nächsten Wahltag hält, sondern bis dahin weiter aufgebaut wird.
Am Wahlabend selbst hat Ihr Parteichef schon das Koalitionsangebot an SPÖ und ÖVP gemacht – das wurde wie erwartet nicht angenommen. Was ist seitdem passiert?
Erstaunlich wenig. Wir werden heuer nur noch maximal zwei Sitzungen haben. Das ist viel weniger, als ich angenommen habe. Dazu kommt, dass die meisten Ausschüsse noch nicht gebildet sind. Aber tatsächlich können wir die Zeit gut brauchen, um uns zu organisieren. Uns fehlen ja die bestehenden Strukturen der anderen Parteien. Das sind ganz banale Dinge: Wir haben noch immer keine Klubräume, wir hatten weder in Partei noch Klub Mitarbeiter, da wurden in kurzer Zeit 25 Stellen ausgeschrieben und besetzt.
Ihre erste »Amtshandlung« nach der Angelobung bestand darin, öffentlich zu erklären, wie langweilig die Wahl der Nationalratspräsidenten eigentlich ist. Waren Ihnen solche Abläufe nicht klar?
Natürlich war das klar.
Also haben Sie nur kokettiert?
Ich wusste schon, wie das abläuft, und ich weiß natürlich, wie solche Aussagen wirken und falsch verstanden werden können. Wir haben drei Stunden für die drei Nationalratspräsidenten gebraucht. Darauf bezog sich die Aussage und es hat funktioniert: Ich war in allen großen Tageszeitungen zitiert.
Wie gut können die Neos schon parlamentarisch mitarbeiten? Bekommen sie zum Beispiel Einsicht in die Zahlen, die nötig sind, um das Budgetloch zu beurteilen?
Nein, wir wissen, was in den Zeitungen steht. Wir bereiten zwar kommunikativ Dinge vor, aber Details erfahren wir im Moment dazu nicht.
Sie waren bisher lange als Unternehmer tätig …
Bin ich noch immer, das ist mir wichtig!
Wie schwierig ist die Umstellung von einem Beruf, wo am Ende doch irgendwer letztverantwortlich entscheidet, auf die parlamentarischen Arbeit, wo es immer und ausschließlich um Kompromisse geht? Mit den Parteikollegen, mit anderen Parteien …
Ich bin ja auch in meiner Agentur kein diktatorischer Einzelunternehmer, sondern einer von mehreren Gesellschaftern und habe auch dort Dinge mittragen müssen, die nicht hundertprozentig so waren, wie ich wollte. Also Kompromissbereitschaft ist sicher kein Problem. Aber der Hintergrund der Frage stimmt schon: Im Unternehmen führt eine Einigung irgendwann immer zu etwas, hinter dem ich voll und ganz stehen kann. Im politischen Bereich ist das nicht so. Auch die Festlegung innerhalb der Partei auf manche Positionen ist manchmal so, dass es mir schwer fällt, sie überzeugend nach außen zu vertreten – ohne dass ich da jetzt ein Thema nennen will.
Dann nenne ich die Homosexuellen-Ehe. Mit Christoph Vavrik haben Sie einen gläubigen Katholiken in den Reihen, mit Feri Thierry einen bekennend schwulen Geschäftsführer. Ist es da nicht Unsinn, sich auf eine eindeutige Position festzulegen? Sollte man solche Widersprüche nicht aushalten, weil sie eben auch die Widersprüche der Gesellschaft abbilden?
Grundsätzlich darf und soll es Themen geben, bei denen Leute in der Partei anderer Meinung sind, anders abstimmen können und das auch artikulieren. Es wäre aber schade, wenn das bei vielen Themen der Fall ist, dann braucht es nämlich keine Partei. Und es besteht ja in ganz weiten Teilen des Neos-Programms so was wie Einstimmigkeit. Das Ausfransen an den thematischen Rändern ist für jede Partei normal und bei uns vielleicht etwas bekannter als bei anderen. Im speziellen Fall der Homosexuellen-Ehe bzw. der Zivilehe für alle, die wir wollen, ist es meiner Meinung nach schon eine sehr grundsätzliche Frage, bei der es wichtig ist, dass wir innerhalb der Neos möglichst alle diesen Programmpunkt vertreten können.
Neben dem Einzug in den Nationalrat war es das große Ziel der Neos, die schwarz-rote Mehrheit zu brechen. Letzteres wurde klar verfehlt. Was ist der Erfolg überhaupt noch wert?
Trotzdem viel. Der Einzug war natürlich oberste Priorität. Wann wir das zweite Ziel erreichen, wird die Zukunft zeigen. Es kann auch gut sein, dass wir bald wieder Neuwahlen haben, und dann heißt es für eine der beiden Parteien wahrscheinlich »gute Nacht«.
Halten Sie das für sinnvoll? Wenn ein Wahlergebnis nicht zu einer sicheren Mehrheitsregierung führt, dann wird halt noch mal gewählt?
Nein, überhaupt nicht. Ich bin schon der Meinung, dass die Parteien so gewählt sind und sich zusammenfinden sollen. Schwarz-Blau-Grün zum Beispiel. Das halte ich immer noch für wahrscheinlicher als Schwarz-Blau-Neos. Auch wenn unsere Koalitionschancen jetzt sicher höher sind als direkt nach der Wahl. Das Wahlergebnis lässt ja doch einige Varianten zu und meine Hoffnungen schwinden nicht, dass sich Rot und Schwarz ändern. Auch personell. Ich kann mir gut vorstellen, dass zumindest eine Partei doch noch radikalere Schritte setzen wird. Und ganz nüchtern betrachtet sollte das die ÖVP sein, die Kopf, Rumpf und Glieder erneuern muss.
Bevor wir uns zu sehr mit anderen Parteien beschäftigen: Die Neos haben von Peter Michael Lingens im Profil das Zeugnis bekommen, dass sie ein »ziemlich perfektes Parteiprogramm« haben. Was fängt man damit an? Sie sind mit neun Mandaten und dem »perfekten Programm« im Parlament und können de facto nichts davon ohne den guten Willen der anderen umsetzen.
Jetzt sind wir mal nicht ungeduldig. Ich vermute und befürchte zwar, dass wir mit unseren Themen kaum realpolitisch durchkommen, aber das heißt nicht, dass sich die Ideen nicht durchsetzen. Wenn wir dafür das Urheberrecht stillschweigend auf andere Parteien übertragen, die unsere Positionen vertreten, habe ich punktuell nichts dagegen. Wenn es der Sache dient … Das heißt nicht, dass es generell so sein soll, weil wir natürlich auch den Erfolg für unsere Arbeit verbuchen wollen.
War es vielleicht auch ein Fehler, bei den zwei schwierigsten und wichtigsten Themen – Bildung und Pensionen – so hohe Erwartungen zu wecken? Sie wollen ja in beiden Bereichen eine ziemlich umfassende und grundlegende Systemreform.
Das war sicher kein Fehler, weil sich schlussendlich genau in diesen beiden Themen sehr radikal etwas ändern muss. Das haben viele schon erkannt …
Sogar die beiden Regierungsparteien.
Jetzt geht es nur darum, endlich einen konsensfähigen Weg auszuarbeiten. Das wird halt einige Zeit dauern, aber ich habe die Hoffnung, dass wir eine unterstützende Rolle spielen können.
Ist es das, was Matthias Strolz meint, wenn er nun auch noch dem Parlament die Flügel heben will?
Durchaus. Wir sind ja nicht die Einzigen, die der Meinung sind, dass ein koalitionsfreier Raum in der einen oder anderen Frage eine Lösung bringen könnte. Das kann auch für Rot und Schwarz ein Gewinn sein.
Wie sehr geht Ihnen der Slogan Ihres Parteichefs vom Flügelheben eigentlich inzwischen auf die Nerven?
Gar nicht mehr.
Nicht mehr?
Er ist mir – wie so vielen – relativ schnell einmal auf die Nerven gegangen. Dann hat es mich aber zusehends amüsiert, wie die Leute auf diesen Satz reagieren. Zum Teil feindselig und ablehnend. Manche haben es auch schon als Running Gag angenommen und Matthias Strolz weiß natürlich, was der Satz inzwischen auslöst. Und er spielt damit auf eine sympathische Art und Weise.
Läuft man nicht Gefahr, potenzielle Sympathisanten damit abzuschrecken, weil viele den Slogan einfach nicht ernst nehmen können?
Die Gefahr besteht vielleicht, wenn man eine 50-Prozent-Partei ist, dann ist es schlecht, wenn man mehr Leute abschreckt, als man gewinnt. Wir sind bei fünf Prozent und haben kein Problem damit, zu polarisieren. Wenn sich zehn Prozent von dem Satz euphorisieren lassen und ihn »nur« 60 Prozent ablehnen, haben wir immer noch zehn Prozent – doppelt so viel wie im Moment.
Gilt dieses »nützliche Polarisieren« auch für Sie selbst? Sie haben sich als Religionskritiker einen Namen gemacht, haben das Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien initiiert. Die Wiener Zeitung hat Sie im Wahlkampf als »Mühlstein um den Hals der Neos« bezeichnet. Der Vorwurf, dass Sie persönlich für einige ein Grund sind, die Neos nicht zu wählen, ist ja recht hart.
Es gibt keine Zahlen, die das belegen können. Das ist eine gefühlte Wahrnehmung, die mit Anekdoten angereichert wird. Ich habe selbst auch Mails bekommen, dass ich der Grund bin, warum die Neos nicht gewählt werden können. Das muss ich akzeptieren. Demgegenüber stehen auch Menschen, die Neos ausschließlich wegen mir wählen. Ich glaube schon, dass ich netto etwas beigetragen habe, aber das kann niemand be- oder widerlegen. Ich würde meine eigene Person da auch nicht größer machen, als sie ist. Wenn nicht ich polarisiere, dann ist es ein anderer. Ich bin ja nicht der Einzige mit zugespitzten Meinungen in dieser Partei. Jeder, der von den Neos in der Öffentlichkeit steht, muss damit leben, dass bestimmte Positionen angegriffen werden.
Nun ist Ihr laizistisches Bestreben nicht nur Privatmeinung, immerhin sind Sie auch der Neos-Sprecher für Religion. Sicher nicht das allerwichtigste Thema, aber Sie betreiben die Anliegen des gescheiterten Volksbegehrens jetzt als Abgeordneter.
Nein, ganz und gar nicht. Mein Plan war nicht, das Volksbegehren über die Neos ins Parlament zu bekommen.
Aber die Position werden Sie ja mit eingebracht haben?
Nein, zu vielen Fragen haben die Neos noch gar keine Position. Und es ist auch nicht mein Plan, die Dinge aus dem Volksbegehren in die Partei zu bringen. Natürlich werde ich bei vielen Fragen meinen Standpunkt behalten, aber ich weiß, dass ich Kompromisse finden muss. Damit kann ich gut leben.
Ihr zweiter Schwerpunkt ist das Thema Medien.
Das ist sicherlich die wichtigste Funktion.
Sie sind immer noch Miteigentümer einer Werbeagentur. Zu Ihren Kunden gehören unter anderem der Mobilfunkkonzern »Drei« und einige öffentliche Stellen. Sehen Sie nicht die Gefahr, dass da irgendwann Interessenkonflikte entstehen können?
Wenn ich mich zwischen ja und nein entscheiden muss: nein. Grundsätzlich schließt das politische Mandat nicht mit ein, dass man seinen Brotberuf aufgeben muss. Und jeder Beruf berührt politische Interessen. Ich glaube, die Vorgänge sollten transparent sein, dann halte ich das für in Ordnung.
Ich will ein Beispiel nennen: Wenn Sie in einem Ausschuss sitzen, der über Mobilfunkfrequenzen berät, dann treffen Sie Entscheidungen über Ihre Kunden.
Natürlich, aber ich kann mich in dem Moment ja dann aus dem Spiel nehmen. Ich treffe zwar für viele Dinge jetzt schon Vorkehrungen, aber eben nicht für alle Eventualitäten. Im Moment sehe ich wirklich nirgendwo Unvereinbarkeiten. Ich war in der Vergangenheit ja schon einmal mit schiefen Optiken konfrontiert …
Damals ging es darum, dass Sie für die Grünen bei der Gemeinderatswahl kandidiert haben und später Aufträge von den Grünen an Ihre Agentur vergeben wurden.
Das ist der hergestellte Zusammenhang von zwei richtigen, aber für sich stehenden Fakten. Es ist doch eine Illusion zu glauben, dass die Grünen nicht Besseres zu tun hätten, als dafür zu lobbyieren, dass meine Agentur irgendwelche Aufträge bekommt.
Als Abgeordneter haben Sie gleich nach Beginn der Legislatur einen detaillierten Vorschlag über die Reform des ORF eingebracht. Welche Chancen haben Sie sich ausgerechnet, dass davon irgendwas umgesetzt wird? Es ist ja immer nett, sich auszudenken, wie etwas besser sein könnte, aber es muss doch auch eine Umsetzungsperspektive geben.
Wenn wir uns bei jeder einzelnen Idee überlegen, ob wirklich alles machbar ist, würden wir ganz viel von dem, was an Ideen da ist, nicht kommunizieren dürfen. Natürlich machen wir einen Reality-Check und der ist auch bei dem ORF-Papier eingearbeitet. Die Vorschläge sind ja nicht aus der Welt: Wir wollen parteipolitischen Einfluss aus dem ORF zurückdrängen und bessere Gremienarbeit ermöglichen. Unsere Ideen sind nicht so radikal und sowohl bei anderen Parteien als auch beim Redakteursrat des ORF denkmöglich.
Trotzdem muss ja mindestens eine der beiden »Großparteien« zustimmen.
Die beiden »Großen« sind aber zusammen nur fünfzig Prozent plus ein bisschen was …
Aber das entscheidende Bisschen.
Es ist schon ein Unterschied, ob jemand 90 Prozent Mehrheit hat oder ob es so knapp ist. Da gibt es noch die Möglichkeit, Dinge zu bewegen und zu drehen.
Gleichzeitig haben sich die Neos im bestehenden System mit Hans Peter Haselsteiner für einen ORF-Stiftungsrat entschieden, der ganz klar der alten Logik entspricht. Jede Partei sendet halt einen, der ihre Anliegen und Farbe vertritt. Warum?
Wir können ja nicht anders.
Hätte man nicht jemand nominieren können, der parteifrei oder parteifern ist?
Das wäre Symbolpolitik.
Was gibt es gegen die zu sagen?
Auch nicht viel. Aber man kann sich aussuchen, ob man symbolhafte Politik machen will oder ob man im bestehenden System mitspielt. Und wir haben uns für das Zweite entschieden. Mit dem Plan, das System aus sich heraus zu verändern. Eine unserer Ideen für eine Demokratiereform ist ja, dass ein Teil der Mandatare direkt gewählt wird. Und trotzdem mussten wir natürlich jetzt erst mal mit dem bestehenden Wahlrecht kandidieren.
Die Neos haben in vielen Punkten ein ziemlich »fertiges« Programm. Das kann man entweder umsetzen oder nicht. Ein Kompromiss ist selten möglich. Ein Beispiel dafür ist die Direktwahl, ein anderes die geforderte Abschaffung der Landtage. Die lassen sich ja nicht zur Hälfte abschaffen. Es sind einige solche Themen, die nicht kompromissfähig sind, weil sie so radikale Wechsel bedeuten. Schadet das nicht den Koalitionsmöglichkeiten?
Sie würden sich wundern, welche Kompromisse in Österreich möglich sind! Ich kann mir da die abenteuerlichsten Lösungen vorstellen, die ich hier gar nicht laut formulieren will.
Schade.
Gerade in der Frage der Landtage haben wir zwei Stoßrichtungen: entweder Landtage abschaffen oder die Länder mit Steuerhoheit ausstatten.
Also das, was schon seit dreißig Jahren diskutiert wird?
Die Länder werden nur leider einen Teufel tun, dem zuzustimmen. Dann müssten sie nämlich den Leuten selber das Geld aus der Tasche ziehen, das sie dann für was auch immer verludern. Das wäre die Alternative. Natürlich ist das auf den ersten Blick nicht kompromissfähig, aber es ist ja kaum eine Frage in der politischen Realität so beschaffen, dass sie zur Überlebens- oder Grundsatzfrage wird.
Zum Glück. Aber wir kommen immer wieder zu dem Punkt: Auf der einen Seite steht eine plausible Idee, die für sich funktionieren könnte, auf der anderen Seite das völlige Fehlen einer realistischen Umsetzungsmöglichkeit.
Das klingt ja fast, als wären wir eine utopistische Partei.
Ja, ich glaube zum Beispiel nicht, dass man in Österreich die Landtage abschaffen kann.
Stört dieses utopische Moment wirklich?
Die Neos vertreiben damit potenzielle Wähler. Also nicht nur, dass es im Moment nicht umsetzbar ist, es verhindert auch, dass andere Positionen umgesetzt werden können, die mehrheitsfähig sind.
Es nicht zu tun, würde dazu führen, dass man überhaupt keine radikalen Lösungen denkt und formuliert. Ich verstehe schon den Ratschlag, sich auf die wenigen Dinge mit hohem Umsetzungspotenzial zu konzentrieren. Aber ich glaube, wir haben gar nicht so viele Themen, die so radikal sind, dass sie keine Chance haben.
Alle, über die wir gesprochen haben, schon: Eine politische Mehrheit für die gleichberechtigte Zivilehe von Homosexuellen, die Abschaffung der Landtage, die Beschneidung der Kirchenprivilegien … Am ehesten ist wohl noch eine milde Form der autonomen Schule konsensfähig. Die Politik von SPÖ und ÖVP, die aufgrund ihrer gemeinsamen Mandatsstärke entscheiden, was umsetzbar ist, deren Politik ist doch geprägt von der ständigen Angst, dass die FPÖ zur stärksten Partei wird. Deshalb werden nur Dinge umgesetzt, bei denen man sich eines breiten Konsenses sicher ist.
Fatalistisch könnte man sagen, dass die FPÖ so oder so auf Platz eins kommen wird.
Die fatalistische Rolle im Interview übernehme eigentlich gerade ich.
Na gut, aber meine Hoffnung ist tatsächlich eher begrenzt, dass es bei der nächsten Wahl keine FPÖ-Mehrheit gibt. Aus heutiger Sicht und bei den handelnden Personen und bei dem, was sie veranstalten. Aber noch mal zu der Frage, ob wir Wähler mit unseren Utopien nicht verprellen …
… die für manche Wähler eben Dystopien sind.
Also wenn es inhaltlich nicht passt, dann haben wir eh nichts zu gewinnen. Aber setzen wir voraus, dass zumindest freundliches Interesse an den Ideen der Neos besteht. Es mag sein, dass dann manch einer uns nicht wählt, weil er eine oder mehrere Ideen für unrealistisch hält. Das würde ich gern mal abfragen, aber am Ende ist das eine gefühlte Haltung. Ich sehe den Punkt, glaube aber, dass viele Leute sich von Ideen, die den üblichen Horizont übersteigen, auch euphorisieren lassen. Genau daran fehlt es ja in der bisher bestehenden Parteienlandschaft.
Herr Alm, vielen Dank für das Gespräch.
***
Niko Alm wurde 1975 in Wien geboren. Nach erfolgreicher Matura begann Alm erst ein betriebswirtschaftliches Studium, wechselte dann aber zur Publizistik, wo er 2000 seinen Studienabschluss machte. 2002 war er Mitbegründer der Werbe- und Medienagentur »Super-Fi«. 2011 sorgte Alm für Schlagzeilen, weil er auf seinem Führerscheinfoto ein Nudelsieb als religiöse Kopfbedeckung trägt. Diese Aktion gehört zu einer Reihe von religionskritischen Initiativen Alms, die zuletzt in das erfolglose Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien mündeten. 2013 kandidierte er schließlich bei den Vorwahlen der Neos, für die er im Oktober in den Nationalrat einzog. alm.at