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Laura Rudas – Fazitgespräch

Das Interview führten Markus Zottler und ich
 

Die liebe Laura

Frau Rudas, in Kärnten hat der tote JÖrg Haider der SPÖ eine Blamage
zugefügt. Wie wird das dann erst im Juni aussehen, wenn es gegen den quicklebendigen HC Strache in die EU-Wahl geht?
In Kärnten kann man nichts schÖn reden, das ist einfach eine Enttäuschung. Ich hätte mich gefreut, wenn es in Kärnten zu einem politischen Wechsel gekommen wäre. Zu den EU-Wahlen muss gesagt werden, dass wir als Sozialdemokratie in Europa in der Opposition sind. Wir werden einen sehr kritischen und politischen Wahlkampf machen. Hauptschwerpunkte sind die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, ein demokratischeres Europa und natürlich die Frage der sozialen Sicherheit.
Moment, gerade die SPÖ und die FPÖ kritisieren doch, dass im Europaparlament keine Opposition vorhanden ist. Es gibt ja auch keine Regierung, sondern nur wechselnde Mehrheiten.
Die Sozialdemokraten sind im Europäischen Parlament nicht in der Mehrheit.
Werner Faymann ließ wissen, dass die SPÖ in den Umfragen zur EU-Wahl circa vier Prozent hinter der ÖVP liegt. Hat man aus den Fehlern in Kärnten gelernt, wo man es bis zum Schluss auf das Head-to-Head mit dem BZÖ angelegt hat?
Auf das direkte Duell mit dem BZÖ waren wir nicht aus. Reinhart Rohr dachte bis zum Abend vor der Wahl, dass er vorn liegt. Es wäre uns lieber gewesen, wenn man weniger auf die Umfragen, die im Vorfeld lanciert wurden, vertraut hätte, die ja bekanntlich meilenweit vom Endergebnis entfernt waren. Wenn man sich so verschätzt, ist das nicht wirklich professionell. Bei unseren EU-Umfragen geben 41 Prozent der Befragten an, wählen zu gehen. Und bei diesen liegt die SPÖ vier Prozent hinter der ÖVP. Beim Gesamt-Sample liegen wir drei Prozent vorn.
In Kärnten eine Niederlage, in Salzburg haben Sie auch verloren, das Ergebnis aber trotzdem als Erfolg gefeiert. Sehen Sie das auch heute noch so?
Ich habe Salzburg ganz sicher nicht als Erfolg gefeiert. Ich halte es für einen Erfolg, dass Gabi Burgstaller als Landeshauptfrau bestätigt wurde. Es hat auch niemand angenommen, dass sie das gleiche Ergebnis wie 2004 erreichen wird. Da waren wir in Opposition und konnten sehr viele Protestwähler für uns gewinnen. Wenn man sich anschaut, wie Salzburg die vergangenen Jahre gewählt hat, ist es ein absolut respektables Ergebnis. Trotzdem werden wir natürlich versuchen, jede verlorene Wählerstimme zurück zu gewinnen. Denn wo ein Minus steht, ist Potential vorhanden.
Da gibt es viel zu tun: Die ehemalige Hochburg Zell am See hat ein Minus bei der Landtagswahl, dazu noch herbe Verluste bei der Gemeinderatswahl und den Bürgermeister an die ÖVP verloren. In Hallein, dem Wahlkreis mit der geschlossenen Papierfabrik, ist das klassische SPÖ-Klientel zur FPÖ gewandert. Haben Sie Erklärungen? Warum traut man der FPÖ mehr zu?
Die einzelnen Ergebnisse müssen wir uns jetzt erst detailliert ansehen. Für genaue Analysen ist es noch zu früh. Ich würde das auch nicht überinterpretieren. Es ist aber klar, dass SPÖ und FPÖ im selben Teich fischen. Beide sprechen Menschen an, die enorme Sorgen haben. Der FPÖ gelingt es im Moment noch viel zu gut. Eigentlich dürften die gar nicht dazu gewinnen. Die dürfte niemand wählen. Wir müssen unsere Antworten noch klarer heraus bringen als die FPÖ. Denn wir haben konkretere Antworten und wir haben auch immer noch die Mehrheit.
Wenn Sie schon das gleiche Klientel bedienen, wäre eine Koalition dann nicht sinnvoll?
Nein. Die einen wollen helfen und konkrete LÖsungen finden, die anderen wollen spalten. Die FPÖ schlägt Kapital aus den Sorgen der Wähler, und das überschreitet bei mir eine Grenze. Deswegen ist eine Koalition mit der FPÖ definitiv ausgeschlossen.
Koalition ausgeschlossen, Angst vor der Konkurrenz?
Angst hat in der Politik nichts zu suchen. Die FPÖ wird eine Rolle spielen, den Kampf gegen sie scheue ich keine Sekunde. Wir sind aber nicht die Partei, die mit Plakaten und Inseraten Wahlen gewinnt. Wir werden neben jedem FPÖ-Kollegen stehen und die Wahrheit sagen.
Die letzte NR-Wahl haben Sie noch mit vielen Slogans, Inseraten und Plakaten gewonnen. Die „Neue Wahl“ prangte überall. Was ist aus der „Neuen Politik“ geworden?
Die wird jetzt eingelÖst. Sie besteht erstens darin, dass Politik wieder „attraktiver“ ist. Trotz der Unterschiede in der Koalition. Diese beschränken wir auf das Politische und suchen nach einer LÖsung. Der Parteien-Hick-Hack der letzten Regierung ist vorbei. Zweitens: Die Unmittelbarkeit der Politik. Wir reagieren rasch und konkret auf Probleme. Und drittens arbeiten wir nicht mehr hinter verschlossenen Türen. Wir sind draußen bei den Menschen.
Das sind bis jetzt alles nur Formen, der Stil der Politik. Was gibt es für neue Inhalte?
Die sieht man ja beim Regieren: Der Ausbau der neuen Mittelschulen.
Ihr Lieblingsthema …
Ja, aber auch die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, das Konjunkturpaket. Das ging schon mit dem 5-Punkte-Programm los. Natürlich beziehen wir Position. Aber wir setzen diese auch handelnd um.
Die Freude über die neue Mittelschule verschwindet aber hinter den Einsparungen Ihrer
Ministerin Schmied. Lehrer beraten im Moment über Streiks. Das ist in dieser Form schon eine neue Dimension.

Also das kann ich so nicht unterstreichen. Die Lehrergewerkschaft ist eine sehr massive Gewerkschaft, die sagt sehr schnell mal: „So nicht.“ Zur Sache: Es muss klar sein, dass die Schüler die Konsumenten sind. Wenn also weniger Budget da ist, dann darf nicht bei den Schülern gespart werden. Deutschunterricht für Migranten, FÖrderunterricht, Neue Mittelschule, das muss finanziert werden. Das fordern wir von unserem Bildungssystem. Wenn wir also die Zeit der Lehrer im Unterricht, nicht die Arbeitszeit an den OECD-Schnitt anpassen, ist das zumutbar.
Aber in Finnland, einem der Vorzeigeländer, arbeiten die Lehrer weniger. Man kann also mit der StundenerhÖhung sicher nicht die Qualität verbessern.
Nein, darum geht es ja auch nicht. Das ist ein Einsparungspotential.
Es wird also an den Schulen gespart.
Anders, es wird mehr Geld ausgegeben. Und zwar für die nÖtigen und bereits genannten Maßnahmen. Dafür reicht aber das Geld, das wir haben, nicht aus, und da muss umstrukturiert werden. Ein Solidaritätsbeitrag von zwei Stunden im Unterricht ist da nicht tragisch.
Sehen Sie weiteres Umstrukturierungspotential, das sich mit der ÖVP umsetzen lässt?
Naja, wir müssen daran arbeiten, dass es keinen Unterschied macht, auf welche AHS man geht, keine Unterschiede aufgrund des Elterneinkommens. Wir brauchen vernünftige Ganztagsschulen, in denen am Nachmittag mehr als nur Betreuung stattfindet. Ist das realistisch? Sicherlich nicht alles morgen, ich würde da gern eine ganze Menge ändern. Aber ich sehe richtige Schritte. Die standardisierte Matura, Ausbau der Ganztagsschule und die Neue Mittelschule. All das überzeugt, und ich habe gelernt, dass man die Men-
schen bei den Reformen mitnehmen muss.
Sind Sie zuversichtlich, dass sich Ihre Idee der Neuen Mittelschule durchsetzt?
Nein, ich bin zuversichtlich, dass wir eine Mehrheit schaffen und schon in dieser Legislaturperiode deutlich wird, dass es ein gutes Konzept ist. Dass sich die neue Mittelschule in dieser Legislaturperiode als flächendeckendes System durchsetzt, kann ich aber nicht versprechen.
Frau Rudas, vielen Dank für das Gespräch.
 
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