michaelthurm

januar – pauschal verurteilt

Das neue Jahr ist jetzt schon so schÖn wie das Alte. Es ist sogar noch schÖner, denn endlich schneit es, wenn auch etwas mehr als nÖtig. Mehr als nÖtig hab ich außerdem von meinem Bundespräsidenten gehÖrt, der es Kraft seines Amtes schafft, jede politische Diskussion von der Tagesordnung zu verdrängen, weil die Fälligkeit seines Rücktritts noch immer in fünf Talkshows pro Woche diskutiert werden muss. Merkel kann also weiter unbemerkt Waffengeschäfte mit Griechenland abschließen, und so die deutsche Solvenz und de griechische Insolvenz absichern. Denn das wir mit Angela Merkel auf der sicheren Seite sind, das ist, äh, sicher.
Soll der Bundespräsident doch treten, wohin er will, solang er sich nicht von einer Razzia im Schloss stÖren lässt, macht er doch einen seriÖsen Eindruck. Inzwischen haben so viele Leute einen Rücktritt gefordert, und da waren Leute dabei, mit denen will ich niemals auf der gleichen Seite stehen. Fast genau so viele Menschlein forderten allerdings „ein Ende der Debatte“ (bringt als Zitat knapp eine Million Google-Treffer). Und von denen mochte ich auch kaum jemanden leiden. Und weil ich keinen mehr habe, dessen soziale ZugehÖrigkeit mir so viel Wert ist, dass ich die UnmÖglichkeit mir eine eigene Meinung zu bilden damit substituieren kann, lasse ich es halt bleiben und drehe die Musik etwas lauter, wenn die Titanic untergeht. Oder wie hieß dieses oscarreif gesunkene Schiff? Ich sichere mir hiermit auf jeden Fall mal alle Rechte, diese KomÖdie zu verfilmen.
Schlimmer als Bundespräsident und Kreuzfahrt sind nur die dümmlichen Kabarettisten, die sich auch noch die nächsten Monate im selbstgefälligen Klamauk über eben diesen Präsidenten und den Kapitän dieses Schiffes gefallen werden. Gefallen. Haha. In untergehende Boot. Haha. Und der Präsident und der Kapitän werden sich sagen: Solange diese Pappnasen noch Witze machen kÖnnen, darf ich auch Kapitän bleiben. Dabei hatte bis ins letzte Jahr noch Guido Westerwelle das Anrecht auf Kapitäns-Metaphern.
Aber so kann halt ein jeder seine kleinen Schandtaten rechtfertigen, weil es ja noch jemanden gibt, der schlimmer, dümmer oder noch unverschämter ist. Zum Beispiel all jene Politiker, die erfolgreich und ohne Mailbox-Nachweis bei Kai Diekmann angerufen haben. Von denen wissen wir nur nicht. Zum Glück. Aber ich ertappe mich erneut bei einem Pauschalurteil. Es gilt ein Misstrauensgrundsatz gegen Politiker, Unternehmer, Bänker und dank des letzten Tatort auch gegen Zollbeamte und Beamtinnen. Damit bin ich endlich mitten im Mainstream.
Sehr im Mainstream der regelmäßigen Pech-Hudelei stand auch der heurige Freitag der 13: Da fiel für Österreich, dass zwar kein A im Namen, aber dafür in seinem Wahlslogan „Tu felix Austria“ hat, die Bestnote um. Da waren Sie alle überrascht und entsetzt und gar nicht mehr glücklich und es war immer noch Freitag der 13. Wie unterhaltsam. Ich sichere mir da ebenfalls mal alle Filmrechte. Was noch was wird, aus Wirtschaftskrise und Weltuntergang. Dass damit noch immer Schlagzeilen gemacht werden kÖnnen.
Stellen Sie sich doch nur kurz vor, Sie haben viel Geld und sind zu faul damit ein eigenes Unternehmen aufzubauen und gleichzeitig der unerhÖrten Meinung, dass Geld für sich selbst arbeiten sollte. Sie wollen also ein paar nette Zinsen mit mÖglichst wenig Risiko. Ist die Österreichische Regierung dann tatsächlich Ihre erste Wahl? Würden Sie dem Faymann 1.000 Euro geben, weil Sie sich sicher sein kÖnnen, dass Sie es unversehrt zurückbekommen? Na also. Wenn ich Geld sicher anlegen will, vertraue ich doch längst nicht mehr einer Regierung, sondern den menschlichen Laster. Also Novomatic und Zotter – Glücksspiel und Schokolade. Gut und BÖse. Aber doch niemals eine Regierung. Die ist nur langweilig. Das allein wäre noch kein Vergehen, aber selbst mit einem Blick auf deren Fähigkeiten finde ich das Double AA noch übertrieben. Schon wieder so ein Pauschalurteil gegen Politiker, aber es ist im Moment auch zu leicht.
Ein Ausblick auf unsere Regierungsbank kann nur negativ sein. Ich weiß nicht, warum das jetzt erst festgestellt wird. Und ich weiß nicht, warum Anleger erst jetzt auf ein Rating hÖren, was um Jahre zu spät kommt. Denn in die nächste Wahl werden wohl Faymann, Spindlegger und Strache als Spitzenkandidaten gehen. Da gewinnt dann einer, die anderen beiden werden (hoffentlich) ersetzt. Und selbst wenn die Neuen dann endlich gute Leute währen, wovon ich noch nicht ausgehe, selbst dann, müssten die sich fünf Jahre lang als Oppositionsführer gerieren müssen (was aus jedem Menschen ein Monster macht) und kÖnnten frühestens 2017 Kanzler werden. Was sind das für Aussichten? 2017! Da trÖstet nicht einmal das goldene Ehrenzeichen mit Bienchen, dass dem Bundesvorsitzenden der FPÖ jetzt verliehen wird. Oder halt erst verliehen wird, wenn der Bundespräsident, den es auch in Österreich gibt, wenn der sich davon überzeugt hat, dass diese Hetze von links und rechts und oben und unten kein Grund ist, jemand seinen Orden nicht zu verleihen. Denn verdient hat er ihn, der Strache, schon allein, weil er halt so lang im Parlament sitzt. Also wenn man ein bisschen aufrundet und die Zeit im Landesparlament mitrechnet. Also eigentlich hat er es noch gar nicht richtig verdient, aber, ach, was solls …

Sie merken, ich rege mich zwischen meinen punktuellen Zuständen der Ignoranz immer wieder unheimlich auf. Ãœber nichts. Mir fällt kaum noch etwas Gutes über Politiker ein. Dabei bin ich ja der Ãœberzeugung, dass Lob und Würdigung auch zu besseren Politikern führen. Aber ich kann es nicht. Eine überschaubare Gruppe, die noch Hoffnung verspricht, geht in der Masse unter und meine Lieblingspartei ist mir inzwischen so peinlich, dass ich froh bin, wenn sie nicht mehr im Parlament ist. Vielleicht macht sie irgendwann den PhÖnix. 2017. Wenn wir das noch erleben und nicht vorher auf einem Schiff untergehen. Besser gesagt: Mit einem Schiff untergehen. Obwohl auch an diesem denkwürdigen Tag für die Kreuzschifffahrerrei (endlich mal mit drei f) mehr Menschen in Autos gestorben sind, als in krisensicheren 3-Sterne-Kabinen die man bei Edeka kaufen konnte. Das hatte also nichts mit Schlecker zu tun. Die Bude ist ganz überraschend pleitegegangen sind, aber, wer kleine Schulkinder schon als Kunden vergrault, bekommt sie halt nicht wieder, wenn die dann mal Geld verdienen. Auch nicht mit einem neuen Logo.
Zurück zum Schiff. Von dem Schiff, das schon seit drei Monaten vor der neuseeländischen Küste auseinanderfällt, haben wir leider recht wenig gehÖrt. Ich habe mich aber noch mal informiert: Es befindet sich – Stand 10. Jänner – „im Todeskampf“. Soll heißen: Es hat sich halbiert. Eine Hälfte ist jetzt auf dem Weg zum Meeresgrund, die andere sieht aus wie eine Insel mit zwei Bergen und gießt weiter Öl ins Meer. Das sollte deshalb ein neues Sprichwort werden: Öl ins Meer gießen. Für den Fall, dass jemand künftig aus Fahrlässigkeit und Gemütlichkeit für ein Downgrade seiner Umwelt sorgt, wird es heißen: Er goss Öl ins Meer.
Aber das Meer, das wünsche ich ihm und Ihnen, das Meer wird was aushalten. Hoffentlich auch all unsere Bundespräsidenten.

2 Kommentare

    „[…] Sie merken, ich rege mich zwischen meinen punktuellen Zuständen der Ignoranz immer wieder unheimlich auf […]“
    Auch wenn Sie kein „echter“ Österreicher sind: eine bessere Definition der Österreichischen Volksseele kam mir bislang nicht unter 😉

  • ich lerne schnell.