michaelthurm

Ich bin Content-Mafia

Recht haben ist schön. Recht zu bekommen teuer. by: martinkrolikowski
1088 Bilder habe ich in den letzten vier Jahren auf Flickr veröffentlicht. 25 Dollar zahle ich dafür im Jahr. Ein kleiner Betrag dafür, dass ich meine Bilder online sichern, sortieren und vor allem öffentlich machen kann. Hunderte Euro habe ich in lizensierte Bildbearbeitungsprogramme gesteckt und mehr als 3000 Euro für Kameras, Objektive und Zubehör ausgegeben. Ungezählte Arbeitsstunden hinter dem Kamerasucher und dem Bildschirm verbracht. Ein Hobby ist die Fotografie schon lange nicht mehr.
Von Anfang an habe ich die große Mehrheit meiner Bilder unter einer Creative-Commons-Lizenz veröffentlicht. Jeder kann die Bilder also verwenden, wenn er
– meinen Namen angibt (und im Idealfall das Originalbild verlinkt)
– kein kommerzielles Interesse auf oder mit der entsprechenden Webseite verfolgt
– der neu generierte Inhalt ebenfalls unter einer solchen Creative-Commons-Lizenz steht.
Insgesamt stehen allein auf Flickr über 67 Millionen Bilder unter dieser Lizenz und machen die kostenlose Nutzung somit relativ leicht.
Doch für viele Webseitenbetreiber und/oder Web-Designer scheint das zu kompliziert. Alles, was über den Dualismus von »erlaubt« und »verboten« hinausgeht, ist zu viel. Und ich habe es den meisten Blogger nachgesehen, wenn er oder sie den privaten Blog nicht mit CC lizensiert und trotzdem meine Bilder verwendet. Ich habe darüber hinweggesehen, wenn die Bilder auf den eigenen Webserver geladen wurden, anstatt sie über einen Link einzubinden; ich habe toleriert, wenn die Bilder bearbeitet wurden und ich habe die Zähne zusammengebissen, als die Dummköpfe von kreuz.net meine Bilder verwendet haben. Die aber haben zumindest meinen Namen angegeben und die Bilder verlinkt.
Das ist „lange her“. Inzwischen finden sich meine Bilder auch auf den Webseiten von Regierungen, Parteien, Politikern, Medien, Tischlern, Radiosendern, Gewerkschaften und Hochschulen. Gern auch mal ohne meinen Namen.
Seit einem Jahr bekomme ich immer mehr Anfragen von Menschen und Medien, die für die Verwendung meiner Bilder bezahlen; gleichzeitig steigt aber auch die Zahl jener, die weder Link noch Namen angeben. Das verstößt nicht nur gegen jeden Anstand, sondern auch gegen geltendes Recht.
Ich könnte sicher jedem und jeder ein freundliches Mail schreiben und um „Korrektur“ bitten, aber nachdem man so etwas mehr als drei Mal gemacht hat und dann noch dankbar sein musste, wenn überhaupt eine Antwort kam, vergeht die Lust. Der Aufwand und das Geld, die ich ins Fotografieren stecke, sind genug.
Und weil die Anzahl der Bilderdiebe einfach zu groß wurde, habe ich mir einen Anwalt für Urheberrechtsfragen genommen, der sich jetzt als meine „rechtsfreundliche Vertretung“ an die Betroffenen wendet und sowohl, meine Rechte als auch ein Honorar einfordert. Oder besser gesagt zwei Honorare, denn er will natürlich auch bezahlt werden.
Das ist alles nicht lustig und es macht mir keine große Freude mit Klagen zu drohen, deren Mindeststreitwert mein Jahresgehalt deutlich übersteigt. Wohlgemerkt: Ich drohe mit einer Klage und biete eine gütliche Einigung an. Eine bessere Reaktion auf den völlig gedankenlosen Umgang mit meiner Arbeit ist mir noch nicht eingefallen. So lange es Leute gibt, die ohne Respekt mit den Werken/Werkstücken anderer Menschen umgehen, braucht es weder hochtrabende Debatten um geistiges Eigentum und Freiheit der Information, noch moderne Bezahlsysteme, die den meisten ebenso wenig bekannt sein dürften, wie Creative-Commons-Lizenzen.
Ich hatte lange gehofft, dass ich juristischen Auseinandersetzungen aus dem Weg gehen kann. Ich habe darauf vertraut, dass Webdesigner und andere Menschen, die das Internet mit (professionellen) Inhalten befüllen, schon irgendwann verstehen werden, wie Creative-Commons-Lizenzen funktionieren und wie man den Namen des Fotografen leserlich zu einem Foto schreibt. [Nein, ein Mouse-Over oder eine Notiz im Quelltext sind zu wenig.] Und hin und wieder gab es auch Organisationen und Webseitenbetreiber, die ihre Fehler eingesehen und korrigiert haben.
Mein Problem sind nicht irgendwelche Blogger. Mein Problem sind vermeintliche Profis, die weder vom klassischen Copyright noch von modernen Lizenzen eine Ahnung haben. Und sie hoffen, dass sie damit durchkommen, weil das für den Moment die günstigste Variante ist.
Es sind vor allem größere Institutionen, die auf die Leistung von Fotografen zurückgreifen – ohne auch nur einen Gedanken an die Namensnennung geschweige denn eine Bezahlung verschwenden.
Da rechtfertigt sich dRadio – das im Jahr 2011 beachtliche 193.405.743 (fast 200 Mio) Euro von der GEZ erhalten hat – dieser „arme“ Rundfunksender rechtfertig sich damit, dass sie einen öffentlich-rechtlichen Auftrag haben und nicht kommerziell seien. Den Juristen, der das überprüft, werde ich mir nicht leisten können. Im Gegensatz zum öffentlich-finanzierten dRadio, wo wahrscheinlich die meisten Beschäftigen ihre 14 Monatsgehälter bekommen und immer noch was übrig ist für den Hausjuristen. Eine geforderte Weitergabe unter CC-Bedingungen wird einfach ignoriert. Ich frage mich, was die davon halten würden, wenn ich deren Radiobeiträge auf meiner Homepage veröffentlichen würde. Darin besteht nämlich der Gedanke des Creative-Commons share-alike.
Die Schweizer Gewerkschaft versteckt die Urherber ihrer Fotografen auf einer Impressumsseite und denkt damit dem Urheberrecht genüge getan zu haben. Auch hier werde ich es mir wieder nicht leisten können, ein Gericht damit zu befassen, ob das tatsächlich ausreichend ist. Mir reicht es in keinem Fall. (Auf die Aufforderung meines Anwalts wurde zwar ablehnend reagiert, aber dann doch der Name direkt zum Bild geschrieben.)
Der Pädagogischen Hochschule Schweiz genügt ein Mouse-Over (von dem ich nicht sagen kann, ob er nicht erst nach dem Brief meines Anwalts eingefügt wurde) und trotz des Erhebens von Studiengebühren im unmittelbaren Kontext meines Bildes deklariert sie sich als »nicht kommerziell.« Auch hier gilt wieder: Der Jurist, der die tatsächliche Rechtmäßigkeit überprüft, wird für mich zu teuer sein.
Ein weiterer Betroffener tauscht einfach das Bild aus und denkt, dass es damit getan wäre.
Die Chance, dass ich nach all diesen „rechtsfreundlichen“ Auseinandersetzungen tatsächlich mehr Geld in der Tasche habe, ist also recht gering, auch wenn bereits einige Fälle außergerichtlich zu meinen Gunsten gelöst wurden.
Im Gegenteil: Gerade die großen Institutionen sind es, die sich im Zweifel einen Rechtsstreit erlauben können. Die Beträge um die es mir geht (150 bis 1000 Euro), sind geringer als der nötige Aufwand es rechtfertigen würde. Sie sind sogar so gering, dass sie sich jeder professionelle Webseitenbetreiber leisten könnte. Wenn er denn nur einen Funken von Verstand und Anstand dafür aufbringen würde, dass für das Bild, das er ganz selbstverständlich auf die Webseite heftet, jemand anderes gearbeitet hat.

P.S.
Für alle die fürchten, dass ihre Bilder ebenfalls ohne Namensnennung verwendet werden, empfiehlt sich die gut funktionierende Google-Bildersuche. Einfach das entsprechende Bild in das Suchfeld ziehen und Ergebnisse unter »Seiten mit übereinstimmenden Bildern« durchforsten.
Bild: Martin Krolikowski

Ein Kommentar

    Ok wund was ist jetzt die Aussage? Lieber nichts unter Creative Commons veröffentlichen? oder die Groußen haben sowieso immer Recht und genehmigen sich jetzt auch noch ein Leistungsschutzgestzt ( hier profitieren explizit nur Verlage).
    Aber mir ist es auch schon aufgefallen wie ungeniert besonders im ÖR sich fremeder Quellen bedient wird ohne Gegenleistung.